Kürzlich habe ich einen Vortrag von Prof. Dr. Maike Luhmann von der Ruhr Uni Bochum zum Thema „Einsamkeit – eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung“ besucht und aufmerksam verfolgt. Ich war nicht verwundert darüber, dass dieser Vortrag viele Menschen ansprach, auch nicht darüber, dass unter den Besuchern niemand unter 40 Jahren alt war, sondern alle älter waren. Der Vortrag war inhaltlich gut, übersichtlich und lebendig vorgestellt. Die Ruhr Uni Bochum hat in ihrem Kompetenz Forschungs-Studienbereich einige Publikationen zum Thema Einsamkeit verfasst. Nun, es geht mir jetzt allerdings weniger um die Ruhr Uni an sich, sondern mehr um das Einsamkeitsthema, dessen ich mich in diesem Beitrag widmen möchte.
Natürlich verstehe und verwende ich den Begriff Einsamkeit nicht gleichbedeutend mit Alleinsein oder mit Isoliert sein, beides kann das Gefühl der Einsamkeit aber verstärken, da Einsamkeit für mich ein Zustand ist, der schmerzlich spürbar ist und der unverschuldet entstand. Alle Kriterien aus der Studie treffen auf mich zu, um das Risiko zu erhöhen, Einsamkeit zu erleben. Geringes Einkommen, häufige Wohnortwechsel, Arbeitslosigkeit, plötzliche unvorhergesehene Ereignisse, Krankheit, mangelnde Informationen und mangelnde Integration / öffentliche Teilhabe, eher geringes Selbstbewusstsein usw. Hierbei geht es nicht um Schuld oder Vorwurf.
Persönliche Bindung, persönliche Beziehungen sind nicht gerade meine Stärke, da ist es auch nicht erstaunlich, dass hauptsächlich Menschen aus dem Dienstleistungssektor bei mir sind, obwohl auch hierbei eine höhere Fluktuation vorkommt. Das bedeutet aber keinesfalls dass ich lieblos oder herzlos bin oder verschwenderisch mit Mitteln umgehe. Ganz im Gegenteil, ich bin gern mit Menschen zusammen, ich habe Ideen, ich mag den kreativen Ausdruck, ich bin gern in der Natur, genauso wie in Shoppingmalls, ich bin interessiert an anderen Menschen und ihren Interessen und versuche stets das bestmögliche. Ich bin eigeninitiativ und weiß was ich will – das alles nur eben auf eine etwas andere Art, als wie das der Masse.
Wie oft habe ich in diesem Leben schon gehört „na, dann gehst Du halt mal raus und besuchst für Dich Veranstaltungen oder meldest dich zu Kursen an, dann findest Du Menschen mit den gleichen Interessen“! Wie oft bin ich damals diesem Vorschlag gefolgt, immer wieder aufs Neue, bis ich darüber nur noch geweint habe – weil dieser idiotische Rat mir die Einsamkeit so sehr bewusst gemacht hat, dass das Gefühl kaum auszuhalten war. Was nützt einem denn der Kurs „gemeinsames Interesse“, wenn die Kontakte darüber hinaus nicht stattfinden oder wenn sich während dessen kein Gespräch ergibt. Ebenso im Verein, was nützt es da, wenn die Leistungslevel so stark unterschiedlich sind, dass ein „dazugehören“ einfach nicht stattfindet oder man selbst als einzige aus einem abgelegenen Wohnort kommt die anderen hingegen aus der gleichen Gegend? Treffpunkte für Soziales / Tagesstruktur und anderes beschäftigen sich eher mit dem „beschäftigen“ von Menschen als mit dem „aufgreifen“ der individuellen Bedürfnisse und Gedanken. „Ja, dann suche doch nach Menschen, die die gleichen Interessen haben wie Du und bring Dich ein!“ lautete daraufhin die Empfehlung, die mich verzweifeln lies.
Einsamkeit bedeutet für mich kaum Menschen zu haben, mit denen ich mich über meine Gedanken austauschen kann, ich bleibe mit ihnen allein oder finde in seltenen Onlinekontakten eine Möglichkeit, sie ein bisschen zu zeigen. Einsamkeit ist weiterhin das tatsächliche sich selbst überlassen sein, weil niemand da ist, um gemeinsam etwas schönes, kreatives oder anderes zu tun. Einsam sein ist aber auch dann, wenn ich umgeben von vielen, nicht die Mittel und Wege finde, mit anderen in Kontakt zu kommen, weil schon zu viele Negativerfahrungen verbucht sind, die ein unbeschwertes Miteinander zunächst erschweren. Ich wünschte wirklich ich könnte fröhlicher, selbstbewusster, gelassener sein beim Erstkontakt – aber zuviel hängst schon davon ab. Ich dreh mich im Kreis und behindere mich selbst.
Einsamkeit ist für mich kein Tabu, ich fürchte mich nicht davor darüber zu reden, denn ich weiß, was ich alles versuche, ich weiß wie katastrophal die Tage sind, wenn es deutlich im Vordergrund steht und mich fast zu Boden ringt, ich weiß um all die Tränen, die Wut und Verzweifelung, die blöden „gut gemeinten“ Ratschläge von anderen oder die aus Frauenmagazinen, ich weiß um all die, die sich ebenso einsam fühlen, obwohl sie ein zu mir völlig anderes Leben führen, ich weiß das alles, doch es tröstet mich kaum.
Wie lässt sich ein gutes Gefühl zu sich selbst behalten, wenn allzu oft Ablehnung oder Überforderung von anderer Seite zu Kontaktabbruch führte? Wie gelingt es an sich selbst und seinen Interessen nicht zu verzweifeln, wenn kaum jemand diese bedient und die meisten eine Auseinandersetzung damit aus dem Weg gehen, weil es ihnen eben zu anstrengend ist? Wie gelingt es weiterhin positiv zu bleiben und Ideen auszubilden, wenn darauf niemand reagiert oder niemand eine Resonanz verspürt, die groß genug ist, um auch zu handeln?
Ich glaube, ein Großteil der Menschen dieser Zeit „hat fertig“ oder „wurde fertig gemacht“, der Rest kämpft weiter um das eigene Überleben und ist dabei allerdings abgehärtet worden und konsum orientiert. Bedürfnisse werden durch materiellen Besitz gestillt anstatt durch Kontakt zu anderen Menschen, die sich noch öffnen können und noch Nähe zulassen. Die Politik mit ihren „Verordnungen“ während der Jahre 2020 bis 2022 haben eine Menge dazu beigetragen, dass das Gefühl der Einsamkeit in allen Altersgruppen zugenommen hat, denn auf Vereinzelung „zum Schutz“ waren diese ja nun auch ausgelegt. Das Ergebnis sieht man jetzt in vielen Symptomen.
Du bist einsam, erzähl davon! Einsamkeit ist kein Tabu, egal in welchem Alter.
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