Ein Plädoyer für die Vielfalt und für das individuelle Anderssein von Menschen scheint schon so ausgesaugt wie überhaupt nur möglich zu sein, weil es zahlreiche Beiträge, Statements und öffentliche Debatten darüber gibt und gab, dass es vermutlich anderen Menschen nur noch ein genervtes Augenrollen ermöglicht oder aber Zustimmendes Nicken zur Folge hat. Ich meine hier allerdings keine der vielfach gehypten Kuriositäten, denn ich möchte hier über das Dilemma mit dem Alleinstellungsmerkmal „Jaani“ berichten. Es mag ähnlich klingen, meint aber doch etwas anderes.
Seit ich denken und reflektieren kann, Sachverhalte analysiere und Lösungsstrategien entwickele, habe ich dabei stets das gleiche dringliche Interesse an dem Erleben, den Motivationen und den Gefühlen anderer Menschen in Situationen. Ich betrachte von dem Standpunkt meines Selbsts, wenn ich gleichsam wie andere auch Situationen erlebe, vor Problemen stehe oder aber um Kommunikation bemüht bin. Ich erlebe mich selbst wie von einem anderen Planeten stammend mit anderem Mindset ausgestattet wie die Mehrheit der hier Lebenden und versuche hier in dieser Erlebenssphäre zurecht zu kommen.
Mein großes Interesse und mein nahestes Bedürfnis ist das einer Gemeinschaft mit anderen. In dieser Gemeinschaft sind sich alle persönlich bekannt, jeder traut sich selbstverständlich alles zu fragen, zu sagen und gemeinschaftlich Informationen zu teilen, es gibt keine Angst vor Bewertung oder Abwertung, keine Gefühle von Minderwertigkeit aufgrund körperlicher Einschränkungen oder emotionaler Begrenzungen. In dieser Gemeinschaft braucht niemand Charakter-Rollen oder Masken hinter der er sich verstecken kann. Es ist eine schöne Offenheit und ein vertrauensvolles Miteinander. Telepathische Kommunikation ist nichts ungewöhnliches.
Nun, die Realität hier bei mir ist aber eine andere und ich verstehe nicht, warum es so schwer für mich ist, unter Lebewesen, die sich zur Rasse Mensch zählen, genau das, wie zuvor beschrieben auch zu finden. Ich frage mich: Bin ich etwa zur unpassenden Zeit in dieses Leben gekommen? Bin ich denn so sonderlich mit dem Wunsch, mich dem anderen vertraut zu machen und der Hoffnung, der andere würde das auch wollen? Polarisiere ich mit dem was ich schreibe so stark, dass andere mich nur gut oder bescheuert finden können?
Ich versuche Anpassungsstrategien, ich versuche mir über Ablaufschritte „vom Start zum Ziel“ das unvereinbare oder das konträre Verhalten in einer Situation näher zu bringen, verständlicher zu machen und scheitere. Dabei verstehe ich noch nicht mal warum ich scheitere. Ich kommuniziere vielfach schreibend und natürlich durch Körpersprache und Mimik. Ich versuche so effizient wie möglich zu berichten, so klar und unmissverständlich zu fragen, so rational wie möglich nach Grundlage, Ursprung oder Fundament zu fragen, damit ich mit diesen Informationen dann Situationen, gesellschaftlich übliches Miteinander oder Gebräuche besser erfassen kann und den Sinn und Zweck von Gruppen verstehe.
Ich stelle fest, wohl niemand sonst hat das Bedürfnis über sich privat zu erzählen, ohne Angst vom anderen verspottet oder ausgenutzt zu werden und Fragen nach dem persönlichen Interesse lösen scheinbar sofort Argwohn und Misstrauen aus. Niemand sonst scheint sich in der Art über Motivation zum Handeln, Erleben einer Situation und die darin aufkommenden Gefühle Gedanken zu machen und diese dann gern zu teilen. Niemand sonst scheint neugierig zu sein, was eine Gemeinschaft freier Menschen wohl alles bewirken kann, wenn ein offenes und freies Miteinander gelebt wird. Außer mir? Das kann nicht sein!
Es gibt keine Anleitung für mich, die ich befolgen könnte, um im Miteinander mit anderen besser zurecht zu kommen und nicht sensorisch oder gefühlsmäßig in den Overload zu geraten. Ich habe es Mitte 30 auch aufgegeben, es überhaupt zu versuchen, denn es gelingt nicht. Es macht mich unzufrieden, weil es nach meinen Überlegungen zu einem anderen Ergebnis führen müsste, was aber nicht eintritt. Ich hätte ähnliche Schwierigkeiten wenn ich verständliche Lautsprache hätte, selbst dann, wenn ich Fußgänger wäre.
Im internen Gespräch mit Ratgebern und der inneren Weisheit gibt es selten eine Mitteilung über Fehler oder Unzulänglichkeiten. Ich weiß was ich will und auch, was ich nicht will. Genau darüber berichte ich anderen mit eben nur mäßigem Erfolg. Natürlich wird verstanden was ich schreibe, denn wir alle sprechen deutsch aber oft hören meine Gegenüber auf anderen Ohren, was nicht von Vorteil ist. Sie sagen, sie sagten es mir lieber persönlich als das sie schreiben, kommen dann mit ihrer Aussage natürlich nicht zu mir nach Hause um es mir dann zu übermitteln und so endet das Gespräch, der Austausch dann „mitten auf halber Strecke“. Ich schreibe immer. Eine Information aufzusparen bis man sich gegenüber sitzt und das Gesicht, den ganzen Menschen sieht, ist nicht zielführend und eignet sich nicht besonders gut. In die Gesichter schaue ich meist erst zum Schluss, wenn ich neue Leute kennenlerne. Ich beginne bei den Schuhen, sie sind weniger reiz und informations-intensiv als das Gesicht. Oft ist das nicht von Vorteil aber es bewahrt mich vor direktem Überangebot an Information über den anderen Menschen.
Das menschliche Miteinander ist mir oft ein Rätsel und die Erforschung dessen wird mir erschwert, weil persönliche Befindlichkeiten, Misstrauen und Ungeübtheiten der Individuen im analytisch, reflektierten oder dem eigenen Erfassen, mir oftmals die Ergründung und das Verstehen des anderen nicht möglich machen. Ich bin keinesfalls ein Freund oder Befürworter des Transhumanismus, falls jetzt jemand daran denkt. Ich fühle mich nur mehrheitlich verloren im Wunsch, von anderen verstanden zu werden und wiederum mit anderen persönliches Wissen und Erfahrungen zu teilen. Vermutlich braucht es noch weitere Zivilisationen und Entwicklungen damit das, was oben beschrieben wurde denjenigen nicht sofort zum „Sonderling“ oder „Unruhestifter“ werden lässt, der davon spricht. Die Frage, was Menschen mir bedeuten ist trotz diesen Erfahrungen noch immer nicht hinreichend beantwortet. Ich bin nicht bereit, mich als Einzigen dieser Art zu sehen, es muss doch weitere wie mich geben.
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